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Teich-Feenkrebs Chirocephalus diaphanus
(Durchsichtiges Handköpfchen, Gläserner Feenkrebs)
Von Uwe Manzke
Chirocephalus diaphanus: Weibchen mit gefülltem Brutbeutel.
Chirocephalus diaphanus: Männchen.
Chirocephalus diaphanus: Männchen, Kopf; bei C. diaphanus sind die Augen rötlich bis rot gefärbt (auch ohne Blitzgerät des Fotoapparates).
Chirocephalus diaphanus: Weibchen, beachte birnenförmigen, länglichen Brutsack.
Chirocephalus diaphanus: Männchen und Weibchen in Schale fotografiert, beachte den länglichen Brutsack der Weibchen (vgl. Bild darüber) und die rötlich gefärbten Schwanzanhänge.
Chirocephalus diaphanus: Paarung (Penetration).
Vorkommen in Deutschland, Gefährdung und Artenschutz
- Zu beachten ist der Status der Art in Deutschland = eingeschlepptes Neozoon (auch wenn dies von Liebhabern bestritten wird) -
Für Deutschland liegen nur vier Nachweise vor, wobei zwei bereits im 19. Jahrhundert beschrieben wurden.
In Rheinland-Pfalz wurden Um- bzw. Ansiedlungsversuche unternommen. Diese Ansiedlungsversuche waren bisher, glücklicherweise, ohne Erfolg.
Deutschland zählt nicht zu den natürlichen Verbreitungsarelaen von C. diaphanus. Ich vermute, dass die Art erst durch den Menschen, hier Wanderziegler, eingeschleppt wurde. Deutschland liegt am äußersten Ostrand der Nachweise von Chirocephalus diaphanus. Die Hauptverbreitung erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel über Frankreich bis nach Großbritannien. Weitere Funde liegen für den Südrand der Alpen, Italien und die Balkanhalbinsel vor. Vermutlich unterscheiden sich diese letztgenannten von den westlichen Vorkommen.
C. diaphanus ist nach der BArtSchV, beziehungsweise dem BNatSchG, eine besonders geschützte Art. Aufgrund des "Neozoon-Charakters" halte ich diesen Schutzstatus in Deutschland für nicht zutreffend (beachte: die BArtSchV beinhaltet aber auch fremdländische Arten). Auch eine Gefährdungseinstufung in den Roten Listen ist abzulehnen, die Art muss als Neozoon geführt werden (vgl. Ausführungen und Literatur-Tipp dazu bei der Mauereidechse). In Rheinland-Pfalz sollen gezielt Aussetzungen, zwecks "Artenschutz" vorgenommen worden sein. Eine ältere Aussetzung ist glücklicherweise mißlungen, den Status einer jüngst vorgenommenen Aussetzung kenne ich nicht. In jedem Fall wurde hier gegen geltende gesetzliche Bestimmungen gehandelt (Aussetzen gebietsfremder Tierarten, BNatSchG).
Verbreitung in Niedersachsen
Chirocephalus diaphanus wurde bisher in Niedersachsen nicht beobachtet. Eine Fundmeldung "Chirocephalus diaphanus" konnte als Eubranchipus grubii identifiziert werden.
Lebensraum
Chirocephalus diaphanus wurde in Deutschland bisher nur entlang des Rheins gefunden. Der publizierte "Erstnachweis" im 19. Jahrhundert ("Branchipus paludosus") wurde in einer Baugrube (Hausbau) bei Bonn gemacht. Die wenigen rezenten Funde gelangen in Druckwassertümpeln am Rhein in Rheinland-Pfalz (Grün- und Ackerland) im Bereich alter Tongruben.
Biologie und Ökologie
Chirocephalus diaphanus ist vor allem im Frühjahr anzutreffen, es sind aber auch Funde im Sommer und Herbst bekannt. In Großbritannien wurde die Art zum Teil bereits im Dezember beobachtet.
Bitte um Fundmeldungen
Ich schreibe aktuell eine Publikation zu den verschiedenen "Besiedlungs-Geschichten" der in Deutschland vorkommenden "Urzeitkrebse", daher bin ich für die Mitteilung von Funden dankbar.
Desgleichen arbeite ich im internationalen ehrenamtlichen Projekt "Verbreitung der Großbranchiopoden in der Westpaläarktis" mit. Auch hierfür sind Fundangaben willkommen.
Größere Abbildungen, auch als Hilfestellung zur Schnellansprache der verschiedenen Taxa
Chirocephalus diaphanus: oben Weibchen, unten Männchen.
Verschiedene Entwicklungsstadien der Eitaschen (Brutbeutel/-sack) bei Chirocephalus diaphanus: links Brutbeutel mit wenigen und kleinen Eiern, rechts mit großen, gefärbten Eiern.
Chirocephalus diaphanus: Praecopula - Klammerung des Weibchens (links) durch das Männchen (rechts). Gut zu sehen ist die Fixierung des Weibchens mithilfe der Antennen unmittelbar vor dem Brutbeutel und der Antennalanhänge längs des Rückens bis zum Kopf des Weibchens ("krakenfangarmartiges Aussehen"). Die dargestellte Fixierung scheint die "Ideal-Fixierung" zu sein, aber auch andere Klammerungen mit nachfolgender Kopulation (Penetration) sind möglich.
Chirocephalus diaphanus, Teich-Feenkrebs: Paarung, bei der Penetration dringt das Männchen mit einem (zwei?) seiner Penae in den Brutbeutel des Weibchens ein. Beachte: andere Fixierung, als im Bild darüber dargestellt.
Paarungssituationen bei Anostracen - Feenkrebsen, hier am Beispiel von Chirocephalus diaphanus: von oben links nach unten rechts (verschiedene Individuen): (1) Annähern eines Männchens von unten, (2) kurz nach erfolglosem Amplexus-/Paarungsversuch (beachte Antennal-Anhänge) - die meisten Paarungsversuche der Männchen werden erfolgreich von den Weibchen abgewehrt, (3) Amplexus (Ergreifen des Weibchens mit den 2. Antennen unmittelbar vor der Eitasche/Brutsack) und zusätzliches Festhalten/Ausrichten des weiblichen Körpers mit den Antennalanhängen, (4) Amplexus und Praecopula, (5) Paarung (die Penetration findet direkt in die Eitaschen statt; oft - aber nicht immer - umgreift das Männchen zu Beginn der Fixierung zusätzlich mit seinem Schwanz den Schwanz des Weibchens, hier nicht dargsetellt), (6) Postcopula (manchmal ist nach der Paarung Sperma zu sehen), (7 keine Abbildung) nach der Paarung schwimmt das Weibchen zumeist davon, die Männchen hingegen sinken oft mehr oder weniger reglos zu Boden und müssen sich "erholen".
[bitte beachten: die digitale Fotografie ermöglicht ungewöhnliche Farbaufnahmen/-reflektionen, diese Farben können wir mit dem menschlichen Auge zumeist so nicht wahrnehmen - im direkten Sonnenlicht aber doch; ob die Krebse diese Farben ähnlich wahrnehmen können, ist mir nicht bekannt, aber wahrscheinlich]
Geschlechtsreife weibliche Feenkrebse lassen sich recht einfach anhand der Körpergröße und vor allem der Form und Farbe der Brutsack unterscheiden, hier von oben nach unten Chirocephalus diaphanus und unten Streptocephalus torvicornis. Beide Arten, vor allem C. diaphanus, sind relativ groß.
Geschlechtsreife weibliche Feenkrebse lassen sich recht einfach anhand der Körpergröße und vor allem der Form und Farbe der Brutbeutel (Eitasche/-sack) unterscheiden, hier von oben nach unten Branchipus schaefferi, Tanymastix stagnalis und das vergleichsweise große Weibchen von Eubranchipus grubii. Die arttypischen Farben haben Signalwirkung (Gruppierung, Auffinden von Sexualpartnern; s. Färbung und "Männchen-Wahl" (male-choice)).
# Video zu Chirocephalus diaphanus
Thematische Karten
Chirocephalus diaphanus
TK25-Rasternachweiskarte Deutschland, dargestellt sind alle Funde, die zudem wahrscheinlich auf eine Einschleppung durch Wanderziegler beruhen (s. Literatur: Manzke, U. 2022: Anthropogene Verschleppung von Triops cancriformis durch Wanderarbeiter - ein Diskussionsbeitrag zur Besiedlungsgeschichte der Großbranchiopoden in Deutschland. - RANA 23: 88-125.)
Kartengrundlage: verändert nach
"Relief Map of Germany" Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Relief_Map_of_Germany.svg
Die Karte kann bei mir für Euer Projekt angefordert werden.