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Frühjahrs-Feenkrebs Eubranchipus grubii (früher Siphonophanes grubei)
(Feenkrebs, Kiemenfuß, Kiefenfuß, Teichkiemenfuß, Handköpfchen, Rückenschwimmer)
Von Uwe Manzke
Vorkommen in Deutschland
Der Frühjahrsfeenkrebs zeigt in Deutschland eine ähnliche Verbreitung, wie Lepidurus apus, und kommt überwiegend entlang der größeren Flussauen vor. In Norddeutschland können diese Flußeinzugsgebiete zu den Urstromtälern gerechnet werden. Im Gegensatz zu L. apus meidet Eubranchipus grubii aber die durchströmten Auenbereiche, und ist vor allem auf den angrenzenden - nicht direkt durchströmten - Hochterrassen zu finden. Auch die Vorkommen in den Wäldern mit (ehemaligen) hohen Grundwasserständen können oft anhand geologischer Gegebenheiten zu ehemaligen Fließgewässern zugeordnet werden.
In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist der Frühjahrsfeenkrebs in den Jungmoränengebieten anzutreffen.
In Hessen und in Nordbayern kommt E. grubii entlang des Mains vor (nur Bereiche mit Auenablagerungen). Hervorzuheben ist die Fundhäufung im Raum Hanau-Frankfurt-Mainz, sowie im "Hessischen Ried". Möglicherweise kommt die Art auch noch in der nördlich angrenzenden "Wetterau" vor, wurde aber bisher übersehen (nicht gesucht).
Für die Donau sind alte Funde dokumentiert, so dass rezente Vorkommen zu erwarten sind, es muß nur gezielt gesucht werden.
Im Südwesten gibt es Nachweise in der Rheinniederung, wobei auch hier die rezenten Funde nicht in der durchströmten Aue gemacht wurden. Für das angrenzende französische Elsaß und Lothringen gibt es gleichfalls einige wenige Nachweise.
Deutschland bildet mit Elsaß-Lothringen und den Benelux-Staaten die westliche Verbreitungsgrenze der Art. Im Osten scheint E. grubii bis zum russischen Ural vorzukommen. In Fennoskandinavien sind Funde nur aus Dänemark bekannt. In Schweden, Norwegen und Finnland fehlt die Art.
Verbreitung in Niedersachsen
Der Frühjahrs-Feenkrebs (auch Feenkrebs oder Kiemenfuß) Eubranchipus grubii wurde in Niedersachsen vor allem in den Einzugsgebieten der Elbe (von der Landesgrenze im Wendland bis nach Hamburg), der Aller und der Leine nachgewiesen. Darüberhinaus gibt es Nachweise außerhalb der rezenten großen Flussauen bei Oldenburg, im Landkreis Lüneburg, im Landkreis Celle, bei Braunschweig, bei Wolfsburg und Gifhorn, bei Peine, in der Region Hannover und am südlichen Harzrand.
Vorkommen in der Region Hannover
E. grubii kommt oberhalb des Mündungsbereiches der Leine in die Aller bei Schwarmstedt vor, ansonsten fehlen rezente Funde des Frühjahrsfeenkrebses aus dem unmittelbaren Leinetal weitgehend. Anfang des 19. Jahrhunderts kam E. grubii noch im Bereich des Döhrener Turms in Hannover am Rande des Leinetals und der Eilenriede vor. Weitere Vorkommen sind aus einigen Waldgebieten um Hannover bekannt, zu nennen sind beispielsweise die Gaim und der Ahltener Wald.
Lebensraum
Eubranchipus grubii ist eine Frühjahrsform und bewohnt zumeist temporäre und fischfreie Kleingewässer, Flutmulden, Überschwemmungstümpel, binnendeichs gelegene Druckwassertümpel (Qualmwasser, Drängewassertümpel) und Auwaldtümpel in den Flußauen - besonders entlang der unteren Mittel-Elbe, sowie staunasse Senken und Gräben in Bruchwäldern, Laub- und Mischwäldern, seltener in offenen Wiesentümpeln, weitab der unmittelbaren Flussauen.
Biologie und Ökologie
Diese Frühjahrsform unter den Urzeitkrebsen schlüpft zum Teil bereits Ende Januar/Anfang Februar aus den Zysten ("Dauereier"). Manchmal findet man die Larven (Nauplien) und ausgewachsene Exemplare sogar unter einer geschlossenen Eisdecke. Je nach Wasserstand, vor allem in den Überflutungsauen der Flüsse, kann sich der Schlupfzeitpunkt bis in den Mai erstrecken. Diese Urzeitkrebse schlüpfen nicht in jedem Jahr und können daher bei einer einmaligen Untersuchung leicht übersehen werden. Aus den Zysten, die sehr trocken- und kälteresistent sind, können auch erst nach vielen Jahren Larven schlüpfen. Dies ist eine sehr gute Anpassung an die ephemeren (temporär wasserführenden) Lebensräume dieser Krebsart.
Die Nauplien wachsen sehr schnell heran und können bereits nach ca. zwei Wochen die Geschlechtsreife erreichen. Kurz vor der Paarung greifen sich die Männchen die Weibchen mit ihren zangenartigen Frontalanhängen und halten die Weibchen damit auch während der Paarung fest. Nach der Paarung entwickeln sich die Eier in den zwei Eisäcken am Hinterleib der Weibchen und überdauern am "Gewässer"-Grund im Substrat. Oft findet man E. grubii zusammen mit einer anderen Frühjahrsform der Urzeitkrebse, dem Schuppenschwanz Lepidurus apus (Notostraca).
Gefährdung und Artenschutz
Der Frühjahrsfeenkrebs ist durch die Lebensraumveränderungen, wie Absenkung des Grundwasserspiegels, Verfüllung/Drainierung von Senken und Feuchtwiesen, Ausbau von Flüssen und die Umwandlung von Grünländern in Ackerland, besonders in den Flußauen stark gefährdet.
Seit den 1990er Jahren werden Deichrückverlegungen an der Elbe geplant und durchgeführt. Dies wird gerne als "Naturschutzmaßnahme" verkauft. In Wirklichkeit und primär dient diese "Ausdeichung" größerer Flächen dem Hochwasserschutz durch Schaffung von mehr Retentionsraum. Als Naturschutzmaßnahme wären solche großen Umgestaltungen kaum durchführbar. Im Falle des "Naturschutzes" von E. grubii ist diese Wiederanbindung an die unmittelbaren, durch starke Strömungen gekennzeichneten Überflutungen abträglich. Der Frühjahrsfeenkrebs ist eine nicht-strömungstolerante Art. Daher werden die Vorkommen auf den neuen Vordeichsbereichen langfristig aussterben.
Bitte um Fundmeldungen
Ich schreibe aktuell eine Publikation zu den verschiedenen "Besiedlungs-Geschichten" der in Deutschland vorkommenden "Urzeitkrebse", daher bin ich für die Mitteilung von Funden dankbar.
Desgleichen arbeite ich im internationalen ehrenamtlichen Projekt "Verbreitung der Großbranchiopoden in der Westpaläarktis" mit. Auch hierfür sind Fundangaben willkommen.