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"Triops" Triops cancriformis
(Kiemenfuß, Kiefernfuß, Schildkrebs, Großer Schildkrebs, Sommer-Schildkrebs, Krebsartiger Kiefenfuss, Krebsartiger Borstenschwanz, Kurzschwänziger Kiefenfuß, Sumpf-Kiefenfuß, Lachen-Kiefenfuss, Lachenkrebs, Vielfüßiger Ohnefuß, Kaulquappenkrebs, Gabel-Schildfloh, Seelaus, "Schildkröte")
Von Uwe Manzke
Triops cancriformis.
T. cancriformis: Unterseite.
T. cancriformis: beim Durchwühlen des Bodengrundes.
T. cancriformis: beim Durchwühlen des Bodengrundes.
T. cancriformis: Portrait.
T. cancriformis: Zysten ("Eier").
T. cancriformis: Paarung, das Männchen ist unten.
T. cancriformis: Größenvergleich, hier kleine Individuen, beziehungsweise gewöhnliche Größe ausgewachsener Tiere.
T. cancriformis: Größenvergleich, hier sehr große Individuen.
T. cancriformis: verstorbene Individuen.
T. cancriformis: in Schale fotografiert, beachte: fehlende "Schwanzschuppe" ("Feder").
Vorkommen in Deutschland
Triops cancriformis ist, ähnlich wie B. schaefferi und weitere Arten, kein "heimisches" Taxon sondern ein Neozoon. Die meisten Funde gelangen im Zusammenhang der Ziegelindustrie und auf militärischen Übungsplätzen sowie in bzw. an Fischteichanlagen (vor allem Karpfenaufzuchtgewässer). Die etablierten Vorkommen am Oberrhein (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz) sind als Agriozoon (etabliertes Neozoon) anzusprechen. Auch diese sind wohl durch "Armatochorie" (Verschleppung im Zusammenhang militärischer Aktivitäten) eingeschleppt (z. T. mehrfach).
Anmerkung: Aufgrund des Schrifttums dachte auch ich bis ca. 2016, dass T. cancriformis in Deutschland und angrenzenden Staaten "hie und da" als autochthone Art (heimische Art) anzusehen sei (vgl. Manzke 2014, Manzke et al. 2014). Aufgrund der eingehenden Beschäftigung mit allen mir bekannten Funden weiß ich es mittlerweile besser (s. Jüngste Publikationen zu Triops, hier "Wanderarbeiter"). Eine weitere Arbeit, die nicht nur die Auswertung topographischer Karten, sondern auch zusätzliche, nicht in den Karten enthaltene Informationen, z.B. zu militärischen Standorten berücksichtigt, erscheint in Kürze.
Verbreitung in Niedersachsen
Für Niedersachsen gibt es nur ca. zehn Fundorte für den Kiemenfuß Triops cancriformis, beispielsweise bei Hildesheim, Hannover, in der Lüneburger Heide und bei Cuxhaven. Aktuell, d.h. seit 2005, sind nur drei Vorkommen von Triops, wie er gemeinhin genannt wird, bekannt. Der wahrscheinlich erste publizierte Nachweis stammt von 1779 aus der Umgebung von Northeim (vgl. Manzke 2014, dort "Erstfund" ca. 1803-06 bei Göttingen).
Vorkommen in der Region Hannover
In der Region Hannover ist nur der Fund von Triops an der Kugelfangtrift in Vahrenheide sowie in der Umgebung davon bekannt. Der letzte Nachweis gelang in den 1980er Jahren. Der erste dokumentierte Nachweis datiert bereits aus dem Jahre 1895.
Lebensraum
Der Kiemenfuß besiedelt nur Temporärgewässer, d.h. Tümpel, überstaute Wiesen und Überschwemmungsflächen. In Süd- und Ostdeutschland bewohnt er auch ablaßbare Fisch-Aufzuchtteiche. Typisch sind daher auch die Überschwemmungsbereiche des Rheins (zumeist nur binnendeichs?) für die eingeschleppten Vorkommen dort. In Norddeutschland stammen die Funde jedoch nur von anthropogen überformten Standorten, wie (ehemaligen) Truppenübungsplätzen. Es ist anzumerken, dass Triops bereits vor dem Einsatz von Kettenfahrzeugen (Panzer) auf Truppenübungsplätzen ("Exerzierplätze") beziehungsweise Schießanlagen ("Kugelfang") zu finden war.
Triops ist außerhalb Niedersachsens oft mit dem Sommer-Feenkrebs Branchipus schaefferi (Truppenübungsplätze) und dem Linsenkrebs Limnadia lenticularis (Rheinaue, Fischteiche in Ostdeutschland) vergesellschaftet.
Biologie und Ökologie
Triops cancriformis ist eine Sommerform. Im Gegensatz zu der verwandten Art, dem Schuppenschwanz Lepidurus a. apus, findet man den Kiemenfuß nur in der warmen Jahreszeit. Die Tiere können von April bis November gefunden werden. Auch spätere Nachweise sind dokumentiert.
T. cancriformis legt "Dauereier" (Zysten), die jahre- bis jahrzehntelang im Boden überdauern können. Zumeist gibt es nur Hermaphroditen, die sich durch Selbstbefruchtung (Autogamie) vermehren. Auch wird die Parthenogenese (Jungfernzeugung) für die Art genannt. Funde von Männchen sind in Deutschland selten. Diese paaren sich mit den "hermaphroditischen Weibchen". Dieser Fortpflanzungsmodus wird als Androdiözy bezeichnet (Hermaphroditen paaren sich mit Männchen). Ob es "reine, eingeschlechtliche" Weibchen gibt, ist mir nicht bekannt.
Aus den "Eiern" (Cysten) schlüpfen nach heftigen Sommerregen und/oder Überschwemmungsereignissen in den Flussauen sowie Flutungen von Aufzuchtteichen die Nauplien (Larven). Diese entwickeln sich je nach Temperatur innerhalb von ein bis drei Wochen zum ausgewachsenen Tier.
Die Krebse fressen Detritus und ernähren sich auch von kleineren Tieren im Bodenschlamm. Bei der Nahrungssuche wird der Bodengrund "durchgepflügt". Manchmal kommt der Kiemenfuß zusammen mit Kreuzkröten Epidalea (Bufo) calamita vor. Triops wurde wiederholt beim Fressen von Kreuzkrötenkaulquappen beobachtet.
Gefährdung und Artenschutz
- Zu beachten ist der Status der Art in Deutschland = eingeschlepptes Neozoon (auch wenn dies von Liebhabern und "Branchiopodenfreunden" bestritten wird) -
Die Vorkommen von Triops sind, wie auch alle anderen Lebensgemeinschaften der Temporärgewässer, durch die Lebensraumveränderungen, wie Absenkung des Grundwasserspiegels, Verfüllung/Drainierung von Senken und Feuchtwiesen, Vertiefung temporärer Senken in dauerhaft wasserführende Gewässer sowie Ausbau von Flüssen gefährdet. In Niedersachsen, und auch in anderen Bundesländern, sind die meisten (allochthonen) Vorkommen auf Truppenübungsplätzen zu finden. Mit Aufgabe dieser Nutzung verschwindet die Art nach einigen Jahren. An manchen Standorten werden gezielt Erhaltungsmaßnahmen für Triops vorgenommen. Dies ist aufgrund des Neozoon-Charakters unsinnig und widerspricht dem BNatSchG.
Gezielte Nachsuchen auf (ehemaligen) Truppenübungsplätzen, insbesondere mit Betrieb von Kettenfahrzeugen (Panzer) sind für Funde am erfolgversprechendsten. Zu beachten ist, dass Triops nur wenige Wochen, zumeist nach stärkeren Sommerregen, auftreten kann. Hinweise über das Vorkommen von Urzeitkrebsen kann eine Trübung der Wasserstellen geben.
Eine Gefährdungseinstufung in den Roten Listen ist abzulehnen, die Art muss in Deutschland als Neozoon geführt werden.
Keine eigenmächtigen Ansiedlungen vornehmen!
Seit einigen Jahren kann man im Handel "Triops-Eier" käuflich erwerben und im Aquarium aufziehen. "Triopse", wie auch andere fremdländische Tier- und Pflanzenarten, dürfen nicht in unsere heimische Natur ausgesetzt werden (BNatSchG, gesetzlich verboten).
Leider wurde in einer beliebten und an und für sich sehenswerten Sendereihe über Tiere eine solche Aussetzung für Bayern beispielhaft vorgestellt. Es gilt jedoch umzudenken. Dies sind die falschen Signale und Vorbilder für Kinder ("ich will auch").
Bitte um Fundmeldungen
Ich schreibe aktuell eine Publikation zu den verschiedenen "Besiedlungs-Geschichten" der in Deutschland vorkommenden "Urzeitkrebse", daher bin ich für die Mitteilung von Funden dankbar.
Desgleichen arbeite ich im internationalen ehrenamtlichen Projekt "Verbreitung der Großbranchiopoden in der Westpaläarktis" mit. Auch hierfür sind Fundangaben willkommen.
Jüngste Publikationen zu Triops:
Errata zu Manzke 2022
Errata zu Manzke & Bellstedt 2022
Größere Abbildungen, auch als Hilfestellung zur Schnellansprache der verschiedenen Taxa
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs:
Aliens auf dem Übungsplatz. Gemeinsam mit Branchipus schaefferi ist Triops oft auf Truppenübungsplätzen zu finden. Dies gilt (galt) auch für die früheren "Exerzier- und Schießplätze".
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs.
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs in einem Karpfenaufzuchtgewässer.
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs: in einem Karpfenaufzuchtgewässer. Bei genauem Hinsehen, kann man eine Eitasche entdecken (hier dunkel-grau gefärbt).
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs: die beiden Eitaschen befinden sich bei Triops am elften Beinpaar (rechts, links). Oft scheinen diese bei den Tieren unter dem Rückenschild rötlich hervor.
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs: Lage der beiden Eitaschen am elften Beinpaar (ohne Kiemen, den Männchen fehlen diese Eitaschen und am elften Beinpaar sind Kiemen vorhanden).
Triops-cancriformis Sommer-Schildkrebs: Lage der beiden Eitaschen am elften Beinpaar. Zusätzlich wurde ein einzelnes Ei freigesetzt. Die Abbildung ist ein Ausschnitt eines sich zum Foto-Zeitpunkt schnell im Wasser drehenden und Eier freigebenden Tieres.
Paarungssituationen bei Notostracen - Schildkrebsen, hier am Beispiel von Triops cancriformis: von oben links nach unten rechts (verschiedene Individuen): (1) Anschwimmen und Greifen nach dem "hermaphroditischen Weibchen", (2) das Männchen (links) versucht auf die Bauchseite des "Weibchens" zu gelangen, meistens wehren sich die "Weibchen" indem diese ihren Schwanz nach vorne umbiegen und zusätzlich davonschnellen, (3) das Männchen ist unter das "Weibchen" gelangt - deutlich zu sehen ist eine der beiden Eitaschen mit den roten Eiern des oben befindlichen "Weibchens", (4) eigentliche Paaarung mit Kopulation, (5nn) ohne Bild - nach der Paarung sind die Männchen oft "ermattet" und liegen kurze Zeit reglos auf dem Boden.
Thematische Karten
(die thematischen Karten mit Bezügen zu Militär, Wanderzieglern u.a. werden derzeit überarbeitet, auch gibt es weitere Nachweise, die noch nicht in der Übersichtskarte eingetragen sind - bei Bedarf bitte melden)
Triops cancriformis
TK25-Rasternachweiskarte Deutschland (die Karten werden anhand Eurer Fundmeldungen in unregelmäßigen Abständen aktualisiert)
Kartengrundlage: verändert nach
"Relief Map of Germany" Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Relief_Map_of_Germany.svg
Die Karte kann bei mir für Euer Projekt angefordert werden.