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Sommer-Feenkrebs Branchipus schaefferi
(Echter Kiemenfuss, Fischförmiger Kiefenfuss)
Von Uwe Manzke

Branchipus schaefferi.

B. schaefferi: Männchen mit dem zangenartigen umgebildeten 2. Antennenpaar.

B. schaefferi: oben Männchen, unten Weibchen.

B. schaefferi: Eier (Cysten).

B. schaefferi: Männchen mit den "Kopfzangen" (Antennen).

B. schaefferi: links Männchen, rechts Weibchen.

B. schaefferi: beachte Form der Brutbeutel der Weibchen.

B. schaefferi: beachte Form und gelb-blaue Färbung der Brutbeutel der Weibchen.
Vorkommen in Deutschland
Deutschland gehört sehr wahrscheinlich nicht zu den natürlichen Verbreitungsarelaen von B. schaefferi. Ich vermute, dass die Art erst durch den Menschen, nach dem 15./16. Jahrhundert eingeschleppt wurde. Die meisten Funde von B. schaefferi gelangen auf Truppenübungsplätzen. Dies gilt für aktuell genutzte, aber insbesondere für die alten, nicht mehr genutzten militärischen Übungsplätze, wie die vielen "Kugelfang-Nachweise" (= Schießplatz). Aber auch die anderen (benachbarten) Funde lassen sich militärischen Aktivitäten, respektive der Armatochorie, zuordnen. Einige weitere beruhen auf der Freizeitnutzung mit Gelände-Motorfahrzeugen (Motocross u.ä.). Auch hier liegen die Ursprungspopulationen auf Militärflächen.
Möglicherweise gibt es zwei verschiedene "Stämme" in Deutschland, und zwar einen westdeutschen und einen ostdeutschen (= "NATO-schaefferi" vs. "Warschauer-Pakt-schaefferi"). Diese beiden "Stämme" dürften sich in der genetischen Ausstattung unterscheiden. Die Arbeit von Lukic et al. (2019) scheint diese Hypothese zu bestätigen.
Verbreitung in Niedersachsen
Der Sommer-Feenkrebs Branchipus schaefferi wurde in Niedersachsen bisher wohl nur ein- bis zweimal nachgewiesen. Ein Nachweis stammt aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert und wurde bei Göttingen gemacht. Die genauen Fundumstände und der genaue Fundort sind nicht bekannt. Der andere Fundort aus dem Jahr 2008 findet sich auf einem Truppenübungsplatz an der Grenze (grenzübergreifend) zu Nordrhein-Westfalen.
Ein weiterer Hinweis liegt für Braunschweig vor, ein (ehemaliges) Vorkommen hier ist aber unwahrscheinlich.
Die Art galt in Niedersachsen aufgrund des alten Nachweises bei Göttingen, als ausgestorben. Auch in (West-) Deutschland galt die Art bis Mitte der 1980er Jahre als ausgestorben.
B. schaefferi ist eine sehr wärmebedürftige Art und ist in Deutschland fast nur in den kontinental geprägten Bereichen anzutreffen. Mögliche Initial-Populationen können sich in den atlantisch geprägten Regionen anscheinend nicht langfristig halten. Die Art dürfte daher nicht zu den natürlichen Faunenelementen Niedersachsens zählen (s.o. Armatochorie).
Vorkommen in der Region Hannover
B. schaefferi wurde bisher nicht in der Region Hannover nachgewiesen. Ein vermeintlicher Fund von B. schaefferi erwies sich als Fundort von Eubranchipus grubii.
Lebensraum
Der Sommer-Feenkrebs B. schaefferi kommt in Deutschland oft mit dem Kiemenfuß Triops cancriformis und auch mit dem Linsenkrebs Limnadia lenticularis gemeinsam in denselben Gewässern vor (s.u.). Die rezenten Nachweise in Deutschland gelangen überwiegend auf (ehemaligen) Truppenübungsplätzen in den wärmeren, kontinental geprägten Regionen. Der Sommer-Feenkrebs wurde zumeist in regenwassergefüllten Fahrspuren, aber auch in temporären (Überschwemmungs-)Tümpeln gefunden. Diese Kleinstgewässer haben oft einen verdichteten Untergrund und sind zumeist vegetationsfrei. Alle Gewässer liegen im Offenland, für Waldgewässer gibt es keine Nachweise. Nur am Oberrhein sind Vorkommen mit dem Linsenkrebs Limnadia lenticularis bekannt, überwiegend auf überschwemmten Ackerflächen.
Biologie und Ökologie
B. schaefferi ist eine Sommerform und erst bei höheren Temperaturen zu finden. Nachweise sind in Deutschland vor allem für den Zeitraum April bis August/September zu erwarten, aber auch spätere Funde sind belegt. B. schaefferi legt, wie alle anderen beschriebenen Branchiopoden Zysten ("Dauereier"). Der Sommer-Feenkrebs schlüpft nicht in jedem Jahr und kann daher bei einer einmaligen Untersuchung leicht übersehen werden. Aus den Zysten, die sehr trocken- und kälteresistent sind, können auch erst nach vielen Jahren Larven schlüpfen. Dies ist eine sehr gute Anpassung an die ephemeren (temporär wasserführenden) Lebensräume dieser Krebsart.
Gefährdung und Artenschutz
- Zu beachten ist der Status der Art in Deutschland = eingeschlepptes Neozoon (auch wenn dies von Liebhabern und "Branchiopodenfreunden" bestritten wird) -
B. schaefferi ist eine sehr wärmebedürftige Art, weshalb die Vorkommen in Deutschland weitgehend auf die kontinentalen Regionen beschränkt zu sein scheinen.
Gezielte Nachsuchen in den Lebensräumen von Triops sowie auf Truppenübungsplätzen, insbesondere mit Betrieb von Kettenfahrzeugen (Panzer) sind für Funde am erfolgversprechendsten. Zu beachten ist, dass B. schaefferi nur wenige Wochen, zumeist nach stärkeren Sommerregen, auftreten kann. Hinweise über das Vorkommen von Urzeitkrebsen kann eine Trübung der Wasserstellen geben.
B. schaefferi ist nach der BArtSchV, beziehungsweise dem BNatSchG, eine besonders geschützte Art. Aufgrund des "Neozoon-Charakters" halte ich diesen Schutzstatus in Deutschland für nicht zutreffend (beachte: die BArtSchV beinhaltet aber auch fremdländische Arten). Auch eine Gefährdungseinstufung in den Roten Listen ist abzulehnen, die Art muss als Neozoon geführt werden (vgl. Ausführungen und Literatur-Tipp dazu bei der Mauereidechse).
Bitte um Fundmeldungen
Ich schreibe aktuell eine Publikation zu den verschiedenen "Besiedlungs-Geschichten" der in Deutschland vorkommenden "Urzeitkrebse", daher bin ich für die Mitteilung von Funden dankbar.
Desgleichen arbeite ich im internationalen ehrenamtlichen Projekt "Verbreitung der Großbranchiopoden in der Westpaläarktis" mit. Auch hierfür sind Fundangaben willkommen.
# Video zu Branchipus schaefferi
Thematische Karten
(die thematischen Karten mit Bezügen zu Militär, Wanderzieglern u.a. werden derzeit überarbeitet, auch gibt es weitere Nachweise, die noch nicht in der Übersichtskarte eingetragen sind - bei Bedarf bitte melden)

Branchipus schaefferi
TK25-Rasternachweiskarte Deutschland (die Karten werden anhand Eurer Fundmeldungen in unregelmäßigen Abständen aktualisiert)
Kartengrundlage: verändert nach
"Relief Map of Germany" Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Relief_Map_of_Germany.svg
Die Karte kann bei mir für Euer Projekt angefordert werden.