Frosch, Wasser & Co
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Video-Beiträge: Grasfrosch und
"Eierdiebstahl" / "Laichballenräuber" (clutch piracy)

Ende der 1990er Jahre wurde mithilfe von DNA-Analysen bei Grasfröschen Rana temporaria herausgefunden, dass die Eier eines Laichballens (= ein Weibchen) durchaus von mehreren Männchen befruchtet werden können. Angenommen wurde, dass im Wasser umherflottierendes Sperma dafür verantwortlich sei (Laurila & Seppä 1998). Aber auch andere Möglichkeiten wurden nicht ausgeschlossen..

2004 wurden dann weitere Beobachtungen und Befunde zu diesem Thema publiziert: "Post-mating clutch piracy" (Vieites et al. 2004). Neben der nach wie vor bestehenden und plausiblen obigen These (Sperma im Wasser), konnten die Autoren beobachten, dass "fremde" Grasfroschmännchen gezielt frisch abgesetzte Laichballen "entführten", um diese dann selber (ohne Weibchen !) zu befruchten. Die fremden Männchen wurden "Piraten" genannt, und dieses Phänomen entsprechend "clutch piracy" (Eierdiebstahl/Laichballenräuberei), in Anlehnung an Befunde bei Fischen. Aber auch die Mehrfachbefruchtung direkt während des Ablaichens und mit dem "eigentlichen Elternpaar" durch andere Männchen wurde beobachtet. Im Extremfall wurden Laichballen durch fremde Männchen mithilfe der Vorderextremitäten (Hände) auseinandergerissen, um die noch unbefruchteten "inneren Eier" (d.h. im Zentrum des Laichballens) bloßzulegen und dann gezielt zu besamen.

Eine im gleichen Jahr publizierte Untersuchung am Springfrosch Rana dalmatina (Lodé & Lesbarréres 2004) sowie kurz darauf an der Erdkröte Bufo bufo (Sztatescny et al. 2006) zeigten ähnliche Befunde. Auch hier konnte eine "mehrfache Vaterschaft" (multiple paternity, Polyandry) pro Laichballen/-schnur mithilfe von DNA-Analysen ermittelt werden. Bei der Erdkröte werden oft ineinander "verkrallte" Individuen am Laichplatz gefunden, manchmal "fußballgroß". Im Inneren dieser Bälle, Trios oder andere Gruppenzusammensetzungen befindet sich zumeist ein Klammerpaar, welches dann von weiteren Männchen zusätzlich geklammert wird. Laicht dieses Paar ab, setzen dann auch weitere Männchen ihr Sperma ab. Oft sterben die Weibchen allerdings bei diesen übermäßigen Klammerungen (vgl. "Kämpfende" Erdkröten-Männchen im Wasser).

Ein weiteres Phänomen ist das stundenlange Klammern eines (fremden ?) Laichballens durch ein Grasfrosch-Männchen. Diese Handlung wurde erst einmal beschrieben (Demeter & Benkö 2007). Sinn und Zweck, beziehungsweise welches mögliche "fehlgeleitete" Verhalten hier vorliegt, ist bisher nicht geklärt (vgl. Fehlpaarungen bei der Erdkröte, Klammerreflex etc.).

Ich möchte hier mithilfe der dargestellten Video-Sequenzen auf dieses selten beobachtete, aber sicherlich "allgegenwärtige" Phänomen der mehrfachen Vaterschaft bei Froschlurchen (zumindest in großen und sehr großen Ablaichgesellschaften) hinweisen und zu entsprechenden Untersuchungen/Beobachtungen aufrufen. Die Beispiele sollen helfen, solche und ähnliche Beobachtungen besser deuten zu können.

Für Hinweise zu, und Beobachtungen von diesem Verhalten bin ich dankbar (Kontakt, Impressum).

Übersicht, und Hinweis:

Hinweis:

Grasfrosch: beim Ablaichen, gut zu sehen ist das weißlich gefärbte Sperma.

In den erläuternden Texten schreibe ich von "Besamung" und "Sperma absetzen". Dies ist vermutlich auch so geschehen, doch kann ich es mithilfe der Videos nicht beweisen. Man kann kein Sperma sehen, wie es auf den Fotos zur allgemeinen Beschreibung des Grasfrosches zu sehen ist. Sehr wahrscheinlich können die Männchen gezielt ihre Spermaabgabe (= Menge) beeinflussen und kontrollieren, d.h. im Falle der "clutch piracy" wird nur wenig Sperma (aber oft, und an mehreren Laichballen) abgegeben. Diese "gezielte Dosierung" ist im Falle des Grasfrosches hypothetisch. Untersuchungen zur Spermamenge und Verbrauch (Einsatz) während der kurzen Laichzeit bei der Erdkröte (Hettyey et al. 2009) lassen diesen Schluss zu, gezielte Untersuchungen stehen noch aus. Andererseits kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die "Piraten ihr Pulver bereits verschossen hatten" und nur noch wenig Sperma und Spermien abgegeben werden?

Filmbeiträge zum Thema: Grasfrosch und Eierdiebstahl (clutch piracy)

1) Grasfrosch Rana temporaria:  "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

1)
Ende der 1990er Jahre wurde über DNA-Analysen herausgefunden, dass die Eier eines Laichballens durchaus von mehreren Männchen befruchtet werden können. Dies kann passiv (Sperma im Wasser) und aktiv ("clutch piracy") geschehen. ‐ Zu sehen ist ein Ablaichplatz mit umherstreifenden, und nach Weibchen sowie frisch abgesetzten Laichballen suchenden Grasfroschmännchen. Diese "begatten" und besamen frisch abgesetzte "fremde" Laichballen zusätzlich.

2a) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei")

Grasfrosch

2a)
Vergrößerter Ausschnitt aus dem Video 1). Zu sehen sind suchende Männchen, die anscheinend auch olfaktorisch (mit der Nase) und tauchend nach frisch abgesetzten und potenziell zusätzlich zu befruchtenden Laichballen suchen. Sowie ein Männchen anfängt, solch einen geeigneten Laichballen zu besamen, werden weitere Männchen angelockt. Auch diese versuchen dann "ihr Glück".

2b) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

2b)
Der gleiche Ausschnitt, wie bei 2a).
1. (= 14 sec.) Männchen taucht und sucht
2. (= 31 sec.) dasselbe Männchen sucht weiter, und findet dann einen geeigneten Laichballen
3. (= 40. sec.) ein weiteres Männchen kommt hinzu, und beide beginnen dort ihr Sperma abzusetzen (plus x Männchen)
4. (= 46 sec.) ein weiteres Männchen erscheint, wird gestört und "begattet" einen anderen Laichballen (hier deutlich zu sehen).

3) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

3)
weitere hervorgehobene Beispiele
1. (18 sec.) ein Männchen taucht auf (mit Blutegel auf dem Rücken), nachdem es einen Laichballen unter Wasser besamt hat (nicht im Video zu sehen)
2. (22 sec.) ein anderes Männchen taucht dort und besamt denselben Laichballen (ca. 37 sec. plus)
3. (42 sec.) weitere Männchen erscheinen, tauchen und besamen gleichfalls den Laichballen
4. (47 sec.) ein weiteres Männchen eilt heran, taucht ab und beteiligt sich (nicht mehr zu sehen)

4) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

4)
1. (12 sec.) ein Klammerpaar wird von vielen "Solo-Männchen" umlagert und bedrängt; das Paar taucht ab, gefolgt von vielen Männchen.
Hier ist die zusätzliche Besamung zwar nicht unmittelbar zu sehen, dennoch wird gezeigt wie andere Männchen bereit sind, während des folgenden Ablaichaktes zusätzlich ihr Sperma in die Nähe des Laichballens abgeben zu können.

5) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

5)
Zwei Klammerpaare werden von "Solo-Männchen" umlagert und bedrängt, viele Männchen verfolgen das (nicht markierte) Klammerpaar und verschwinden aus dem Bildausschnitt nach links.
1. (2 sec.) das zweite Klammerpaar laicht ab (ca. 6 sec.), wobei sich ein "Solo-Männchen" unmittelbar unter der Kloakenregion befindet; es hat den Anschein, dass dieses Männchen nach dem Ablaichen dort Sperma absetzt, gefolgt von einem weiteren Männchen.

6) Grasfrosch Rana temporaria: "clutch piracy" ("Eierdiebstahl/Laichballenräuberei").

Grasfrosch

6)
Ein weiteres Phänomen ist das stundenlange Klammern eines (fremden ?) Laichballens durch ein Männchen.
Gezeigt wird, wie ein Männchen einen frisch abgesetzten Laichballen klammert (10 sec.; eine Besamung konnte ich nicht beobachten). Das klammernde Männchen verteidigt diesen Laichballen gegen andere interessierte Männchen. Das Klammern kann mehrere Stunden dauern.

 

Videosequenzen zu den Wasserfröschen